Das wahre Leid der Palästinenser

Faszination Nahostkonflikt: Während palästinensische Raketen auf israelisches Staatsgebiet, allein in diesem Jahr übrigens 800, eine eher sedierende Wirkung beim deutsche Publikum entfalten, so genügt schon eine israelische Rakete, um hierzulande die gleiche Reaktion zu verursachen, die bei Hugh Hefner nach der Einnahme von Viagra entsteht. Maximale Erregung allerorts, in Kommentarspalten, auf spontan einberufenen Demos und in Redaktionsstuben.

So auch dieser Tage, da anlässlich der israelischen Militäroperation gegen die Hamas die Sorge um eine „neue Spirale der Gewalt“ rasant wächst. Dass Israel doch tatsächlich ein Recht auf Selbstverteidigung hat, die Angriffe sich ausschließlich gegen Massenmörder und Terroristen richten und zudem als Reaktion auf permanenten Raketenbeschuss aus Gaza zu betrachten sind, tut bei der hiesigen Ursachenforschung (kurz: Der Jude ist schuld) natürlich nichts zur Sache. Und auch an dieser Stelle soll es um einen anderen Punkt gehen, der den Deutschen sehr am Herzen liegt: das unendliche Leid der Palästinenser.

Denn das existiert ja schließlich, zweifellos, auch und vor allem im Gaza-Streifen. Nur will man es hierzulande nicht erkennen. Die übliche Fehlinterpretation liest sich beispielsweise so:
„Nach eigenen Angaben flog die israelische Luftwaffe seit Mittwochnachmittag rund 150 Angriffe auf den Gazastreifen. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben bis Donnerstagmittag mindestens 15 Palästinenser getötet, darunter mehrere Kinder und eine schwangere Frau. Mehr als 110 Palästinenser wurden verletzt.“
Nun könnte man sich natürlich fragen, warum die palästinensische Seite während eines Angriffs Opferzahlen verzeichnet, die Israel trotz kontinuierlichen und nahezu täglichen Raketenhagels glücklicherweise nicht erreicht. Ist Israel also wirklich der kriegslüsterne und unbarmherzige Goliath, der nicht aufhören kann, den schwachen David anzugreifen? Nein. Nicht Israel ist das Problem, sondern die im Gazastreifen regierende und als Terrororganisation bekannte Hamas.

Denn während Israel alles daran setzt, seine Bürger zu schützen – Bunker, Übungen für den worst case, Iron Dome et cetera –, praktiziert die Hamas das exakte Gegenteil. Nicht nur, dass sie Milliarden an Entwicklungshilfe in Qassam-Raketen und Mörsergranaten statt in den Schutz des Volks investiert, das von hochsensiblen Alarmsystemen nur träumen kann. Nein, zivile Todesopfer sind im Denken der Hamas-Führer in etwa so relevant wie der berühmte Reissack in China. Gewiefte Terroristen verstecken sich bevorzugt in Schulen, grundsätzlich jedoch in Wohngebieten (auch nun wieder). Die ultimative Garantie für zivile Opfer also, die sich international hervorragend gegen den jüdischen Staat instrumentalisieren lassen. Dass Israel derzeit an die Bevölkerung gerichtete Flugblätter über Gaza abwirft, tut da sowieso nichts mehr zur Sache.

Denn schließlich sind Spiralen der Gewalt spannender als Fakten. Genauso übrigens wie der beliebte „Appell an beide Seiten“, der den Unterschied zwischen einer demokratisch gewählten Regierung und einer korrupten Terrortruppe mühelos übergeht. Wer Mitleid mit den Palästinensern empfindet, der sollte nicht Israel, sondern einzig die Hamas mitsamt ihrer islamistischen Diktatur anprangern. Also Terroristen, die nicht nur die eigene Bevölkerung als Schießpulver gegen Israel nutzen, sondern auch die Unterdrückung von Frauen und Schwulen für angemessen halten.

Es sei denn natürlich, man hat zum Schluss gar kein Herz für Palästinenser, sondern nur eine kleine Abneigung gegenüber Juden. Wobei: Das kann in Deutschland, wo man doch aus der Vergangenheit gelernt hat, ja eigentlich gar nicht sein. Theoretisch zumindest.



Zuerst im Rahmen der Kolumne "Neues aus Meschuggestan" auf "The European" erschienen. 

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